Einleitung
Dieser Artikel betrachtet die Sonder- und Wegerechte aber aus der Sicht de Gesetzgebung. Oft wird über die Sonder- und Wegerechte diskutiert, ohne die gesetzlichen Grundlagen zu kennen, oder zu wissen, was sie bedeuten oder wie sie anzuwenden sind.
Auch für die Feuerwehr gelten im Straßenverkehr Vorschriften und Gesetzten. Die wichtigsten sind die Straßenverkehrsordnung (StVO), die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) sowie das Straßenverkehrsgesetzbuch (StVGB). Diese Vorschriften regeln die gemeinsame Benutzung von Verkehrswegen durch mehrere Verkehrsteilnehmer und geben Verhaltensregeln (z.B. § 5 StVO “es ist links zu überholen”). Sie regeln aber auch welche Fahrzeuge am Straßenverkehr teilnehmen dürfen und wie diese Fahrzeuge beschaffen sein müssen (StVZO). Verstöße und Missachtung dieser Vorschriften werden nach dem Straßenverkehrsgesetzbuch geahndet.
Sonderregelungen, die den Feuerwehren im Straßenverkehr durch den Gesetzgeber eingeräumt werden finden sich in der Straßenverkehrsordnung. Der § 35 der StVO regelt die Sonderrechte, die die Feuerwehren und deren Mitglieder unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch nehmen dürfen. Der § 38 StVO regelt die Benutzung von Blauem Blinklicht und Einsatzhorn (Martinshorn). Daraus resultiert die Pflicht anderer Verkehrsteilnehmer sofort frei Bahn zu schaffen (§ 38 Abs. 1 StVO). Des Weiteren regelt der Paragraph aber auch das alleinige Benutzen von Blauem Blinklicht (§ 38 Abs. 2 StVO).
Sonderrechte nach § 35 StVO:
(1) Von den Vorschriften dieser Verordnung sind die Bundeswehr, der Bundesgrenzschutz, die Feuerwehr, der Katastrophenschutz, die Polizei und der Zolldienst befreit, soweit das zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.
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(8) Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.
Sonderrechte können demnach von der Feuerwehr in Anspruch genommen werden, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist, so die Aussage des § 35 Abs. 1 StVO.
Unter den Begriff Feuerwehr fallen alle Organisationen, die der Aufgabe nachgehen Feuer zu löschen, Menschen zu retten, Sachwerte zu schützen, sowie Hilfe bei Unglücks- und Notfällen zu leisten. Im Sinne dieser Vorschrift müssen sie jedoch hoheitliche Aufgaben erfüllen, die ihnen ausdrücklich durch Gesetze zugeteilt wurden, oder es muss sich um gewohnheitsrechtliche Aufgaben handeln. Im Sinn dieser Verordnung sind das Freiwillige Feuerwehren, Berufsfeuerwehren, Pflichtfeuerwehren und Werkfeuerwehren; nicht aber Betriebsfeuerwehren. Die hoheitlichen Aufgaben sind u.a. aus den Brandschutzgesetzen der Länder abzuleiten. Dabei ist von folgenden Aufgabenbereichen ausgehen:
Brandbekämpfung
Rettung von Menschenleben
technische Hilfeleistung
Katastrophenschutz
Rettungsdienst, soweit er von der Feuerwehr wahrgenommen wird
Die hoheitlichen Aufgaben sind dabei allerdings nicht nur auf den Einsatzdienst begrenzt, sondern auch Übungen, Dienst- und Werkstattfahrten zählen dazu, da es sich hierbei um die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft handelt und sie somit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen. Die letzte Voraussetzung, die bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten gegeben sein muss, ist die Dringlichkeit des Einsatzes. Nur wenn die zu bewältigenden Aufgaben bei Einhaltung der StVO gar nicht, nicht ordnungsgemäß oder nicht so rasch wie erforderlich ausgeführt werden können, dürfen Sonderrechte in Anspruch genommen werden. Dabei richtet sich die Befreiung von den Vorschriften der StVO nach der notwendigen Dringlichkeit und Unaufschiebbarkeit des Einsatzes. Hierbei muss in jedem Einzelfall über die Folgen der Nichtbeachtung der StVO und der Notwenigkeit des Einsatzes entschieden werden.
Wenn diese drei Voraussetzungen vorliegen, sind die Bevorrechtigten von allen Vorschriften und Pflichten der StVO befreit. Diese Befreiung gilt auch für den § 1 StVO (Generalklausel), für den jedoch § 35 Abs. 8 StVO greift. Somit muss die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Inanspruchnahme von Sonderrechten gebührendend berücksichtigt werden. Das heißt konkret, dass niemand direkt gefährdet oder sogar verletzt werden darf, wenn von den Vorschriften der StVO abgewichen wird um anderen Menschen zu helfen. Die Verkehrssicherheit hat steht’s Vorrang gegenüber dem Interesse am raschen Vorwärtskommen. Somit darf gerade bei Sonderrechtsfahrten nicht verantwortungslos und “auf gut Glück” gefahren werden, gerade diese verlangen vom Sonderrechtsfahrer höchste Wachsamkeit und Aufmerksamkeit.
Die Inanspruchnahme von Sonderrechten ist an keine optische oder akustische Kenntlichmachung der Bevorrechtigten gebunden. Somit dürfen Sonderrechte auch ohne blaues Blinklicht und Einsatzhorn in Anspruch genommen werden. Die Inanspruchnahme ist auch nicht auf Fahrzeuge der Feuerwehr beschränkt, somit dürfen auch mit den privat PKW Sonderrechte genutzt werden; gleiches gilt für Motorräder, Roller, Fahrräder usw. Dabei ist jedoch zu beachten, dass für die anderen Verkehrsteilnehmer nicht erkenntlich ist, dass Sonderrechte in Anspruch genommen werden. Die Sonderrechte wirken passiv, sie erfordern von den anderen Verkehrsteilnehmern kein bevorrechtigendes Verhalten gegenüber dem Sonderrechtsfahrer. Deshalb ist es ratsam jede Inanspruchnahme von Sonderrechten wenn möglich mit blauem Blinklicht und ggf. Einsatzhorn deutlich zu machen. Somit sind die übrigen Verkehrsteilnehmer zu erhöhter Vorsicht aufgerufen.
Wegerecht nach § 38 StVO:
(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Es ordnet an: „Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort frei Bahn zu schaffen.“
(2) Blaues Blinklicht allein darf nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen, bei Einsatzfahrten oder bei der Begleitung von Fahrzeugen oder geschlossenen Verbänden verwendet werden.
Die Feuerwehr darf nach § 38 StVO “Wegerecht” in Anspruch nehmen, wenn es gilt Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, aber auch wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist oder bedeutende Sachwerte zu erhalten sind. Um den anderen Verkehrsteilnehmern zu signalisieren, dass sie freie Bahn zu schaffen haben, ist es erforderlich das blaue Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn eingeschaltet zu haben. Nur dann besteht “Wegerecht” und die anderen Verkehrsteilnehmer sind dazu angehalten der Feuerwehr Vorfahrt zu gewähren. Diese Vorfahrt darf aber in keinem Fall erzwungen werden, denn es muss immer damit gerechnet werden, dass andere Verkehrsteilnehmer falsch reagieren oder die Situation falsch einschätzen.
Der Absatz 2 des § 38 StVO regelt die Benutzung von blauem Blinklicht ohne Einsatzhorn. Hier heißt es, dass das blaue Blinklicht nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen verwendet werden darf. Für welche Fahrzeuge blaues Blinklicht zulässig ist, regelt die StVZO.